Eine kleine Geschichte über das CFS

Du wachst morgens auf und fühlst dich so, als hätte dich ein Bulldozer überfahren und dabei sämtliche Lebenskraft aus deinem Körper gepresst. Zudem hast du starke Kopfschmerzen, sodass du kaum klar denken kannst. In diesem kaputten Zustand fällt es dir besonders schwer, vom Bett aufzustehen. Alles scheint mit Schmerzen und Schwere gefüllt zu sein. 

Du versuchst, dieses bleierne Gefühl in deinem Körper durch Bewegung irgendwie zu lindern. Doch all das Dehnen, Lockern und Herumgehen im Zimmer bewirkt fast nichts. Da ist immer noch dieses tonnenschwere Gefühl in deinen Beinen und Armen. Am liebsten würdest du dich wieder hinlegen und unter der Bettdecke verkriechen, aber du bist ja nicht krank, oder?

Obwohl du dich so beschissen fühlst, möchtest du aus diesem Tag etwas Schönes machen. Erst nach einem Kaffee fühlst du dich imstande, produktiv zu sein. Es läuft gut und du freust dich, dass es dir wieder besser geht. War wohl doch nur eine seltsame Morgenmüdigkeit...

Nach dem Mittagessen bekommst du wieder Kopfschmerzen, und zwar heftig. Als wäre dein Kopf seitlich bei den Schläfen in eine Presse eingezwängt, als wäre zu viel Druck in deinem Schädel. Es ist kaum auszuhalten. Du kannst dem Schmerz nicht entkommen. Also nimmst du ein Schmerzmittel, um weiterarbeiten zu können. Am frühen Abend gehst du Joggen. Das hat dir bisher auch meistens geholfen, um dich besser zu fühlen. 

Tatsächlich, es hilft. Du brauchst eine gewisse Zeit, bis du in Fahrt kommst, aber dann geht es dir richtig gut. Erst im Laufe des Abends merkst du wieder leichte Symptome...Erschöpfung, Kopfschmerzen und auch Halsschmerzen. Aber egal, jetzt kannst du eh schlafen gehen. Am nächsten Tag wird das auch wieder weg sein, denkst du optimistisch.

Falsch gedacht. 

Schon wieder hat dich der Bulldozer plattgewalzt und die Tortur von gestern wiederholt sich. 

Nach einigen Tagen gehst du zum Arzt. "Jaja, da haben Sie wohl einen kleinen Infekt aufgegabelt, das wird schon wieder.", meint er beschwichtigend. Einigermaßen beruhigt und zuversichtlich gehst du nach Hause. Es wird besser, bestimmt! 

Aber es wird nicht besser. Im Gegenteil. Immer öfter geht es dir so schlecht, dass du den Tag nur mit aufputschenden Getränken, Schmerzmitteln und Durchbeiß-Attitüde überstehst. Aufgrund deines Zustandes musst du häufig Verabredungen mit Freunden absagen und sie wundern sich, warum du so häufig krank bist. Wenn du das nur wüsstest! 

Dein Arzt, bei dem du in letzter Zeit schon so oft warst, weiß keinen Rat. "Das Blutbild ist völlig in Ordnung, Sie sind gesund!" 

Doch du fühlst dich nicht gesund, ganz und gar nicht! Eher wie ein Wrack, wie ein uralter gebrechlicher Mann - und dabei bist du erst in deinen 20ern. Was ist hier los?

Allgemeinmediziner, Internisten, Allergologen, Infektiologen, Gastroenterologen, TCM-Spezialisten, HNO-Ärzte, Psychiater. Niemand kann dir erklären was du hast. Keiner kann dir helfen.

Inzwischen geht es dir so schlecht, dass du an den meisten Tagen Beschwerden hast. Gute Tage oder auch nur gute Stunden sind jetzt die Ausnahme. Du bist bis auf die Knochen erschöpft, aber das macht doch alles keinen Sinn... 

Ohne es zu wissen, hast du dich in eine Abwärtsspirale manövriert, aus der es kein Entkommen zu geben scheint und niemand kann dir helfen. Du denkst immer öfter an Suizid, aber sogar das wirkt zu anstrengend für dich. Also quälst du dich weiter und leidest unermesslich an etwas, das du dir nicht erklären kannst. 

Eines Tages erfährst du zufälligerweise von einer Krankheit, von der du noch nie zuvor gehört hast. Verdutzt stellst du fest, dass die Symptome auf dich zutreffen. Du fährst nach Wien, um dich vom österrreichweit einzigen Arzt untersuchen zu lassen, der sich mit dieser Krankheit auskennt. Nach einer schier endlosen Erklärungssuche wird bei dir schließlich das Chronische Erschöpfungs-Syndrom diagnostiziert und du fragst dich:

Warum habe ich so lange gebraucht, um das herauszufinden?
Warum mussten erst Jahre voller Frustration, Verzweiflung und Schmerzen vergehen, in denen ich mich körperlich und seelisch am Abgrund befunden habe? 
Warum hat mir kein Arzt davon erzählt? 
Warum musste es soweit kommen?

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